Goerlich, Helmut; Schmidt, Torsten: Res sacrae in den neuen Bundesländern - Rechtsfragen zum Wiederaufbau der Universitätskirche in Leipzig. Berliner Wissenschafts-Verlag. 69 Seiten. Berlin 2009. ISBN: 978-3-8305-1703-0


Die vorliegende Veröffentlichung von Professor Dr. Helmut Goerlich und RA Torsten Schmidt zeigt erstmals und umfassend den staats- und kirchenrechtlichen Regelungsrahmen auf, der insbesondere auch für die Errichtung und künftige Nutzung des im Campus-Bauvorhaben am Leipziger Augustusplatz als "Aula  * Universitätskirche St. Pauli" bezeichneten Gebäudeteils von Bedeutung ist. Diese Arbeit leistet einen herausragenden Beitrag für die rechtliche Fundierung und Versachlichung der bis heute geführten Debatte zur neuen Universitätskirche St. Pauli zu Leipzig.


Die Untersuchung zeigt zunächst auf, dass staatliche Stellen, die öffentliche Mittel zur Wiedergewinnung und Unterhaltung einer Universitätskirche auf dem Campus einer Universität bereitstellen, im öffentlichen Interesse handeln und keineswegs im Widerspruch zur gebotenen weltanschaulichen und religiösen Neutralität des Staates stehen. Die rechtswissenschaftliche Arbeit von Professor Dr. Helmut Goerlich und RA Torsten Schmidt kommt ferner unter Anwendung des öffentlichen Sachenrechts zu Ergebnissen von besonderer Tragweite und Bedeutung: Das Recht der 1968 gesprengten Universitätskirche St. Pauli als einer zu Zwecken des kirchlichen Gebrauches gewidmeten Sache (res sacra) besteht bis heute fort! Eine vertragliche Aufhebung der kirchlichen Rechte oder der einseitige Verzicht auf solche Rechte, eine liturgische Außerdienststellung oder eine Entwidmung der Universitätskirche hat nie stattgefunden. Die vorliegende Arbeit bejaht die Frage, ob mit der Errichtung des  Bauteils "Aula  * Universitätskirche St. Pauli" am Leipziger Augustusplatz die alte Widmung der Universitätskirche St. Pauli wieder aufgelebt ist. Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche in Sachsen besitzt demnach die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft über diesen Bauteil und kann unter anderem definieren, welche Voraussetzungen sie selbst für eine ungestörte Glaubensbetätigung als erforderlich betrachtet. Die Nutzungsrechte der Landeskirche ergeben sich hierbei aus ihrem historischen Bestand, finden zugleich aber auch ihre Grenzen in der jahrhundertealten simultanen akademischen Nutzung dieses Ortes. Welche Voraussetzungen für die ungestörte Glaubensbetätigung in einem sakralen Raum wie der Universitätskirche St. Pauli erforderlich sind, bestimmt sich im Einklang mit einer seit langem gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes allein nach dem Selbstverständnis der Kirche, nicht jedoch nach dem Verständnis des Staates bzw. einer staatlichen Universität. Der Arbeit zufolge obliegt es somit zum Beispiel auch allein dem Selbstverständnis der Kirche festzulegen, ob und wo Kanzeln und Altäre aufzustellen sind bzw. welche sonstige Beschaffenheit ein sakraler Raum wie der der Universitätskirche St. Pauli in Leipzig aufzuweisen hat. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ordnen Professor Dr. Helmut Goerlich und RA Torsten Schmidt die tatsächlichen, bisherigen Entscheidungsprozesse um die Universitätskirche St. Pauli in Leipzig am Ende ihrer Arbeit wie folgt ein: „Als merkwürdig und unverständlich müssen deshalb die Entscheidungsprozesse in Leipzig um die Errichtung und Ausstattung der künftigen Universitätskirche erscheinen. Dort planen und bauen der Freistaat Sachsen und die Universität Leipzig einen sakralen Raum für den evangelischen Gottesdienst, ohne dass die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens, auf deren Selbstverständnis es aber letztlich entscheidend ankommt, in die maßgeblichen Entscheidungen einbezogen ist. Welche Ausstattung der sakrale Raum haben soll, wird zwar in universitären Kommissionen behandelt oder zwischen universitären Entscheidungsträgern, dem Planer und dem Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement abgestimmt, die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens bleibt weitgehend ungefragt."


Die Autoren empfehlen, unter Berücksichtigung des „Prinzips der amicablen Lösung" des Evangelischen Kirchenvertrages Sachsens anstelle von bisher beliebig ausdeutbaren Absichtserklärungen ohne rechtliche Bindungskraft eine endgültige und rechtlich verbindliche Vereinbarung zwischen dem Freistaat Sachsen und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche über die Ausgestaltung und Nutzung der Universitätskirche St. Pauli im Gebäudeteil "Aula  * Universitätskirche St. Pauli" zu treffen.


Die Stiftung „Universitätskirche St. Pauli zu Leipzig" schließt sich dieser Empfehlung an. Die entsprechenden Gespräche und Verhandlungen der Beteiligten sollten unter Anerkennung der öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche stattfinden und sobald wie möglich zu rechtlich verbindlichen Regelungen in Hinblick auf die Ausgestaltung und künftige Nutzung der "Aula * Universitätskirche St. Pauli" in Leipzig führen. Die Stiftung „Universitätskirche St. Pauli zu Leipzig" hielte es für hilfreich, wenn die Evangelisch-Lutherische Landeskirche stärker als bisher unter Berücksichtigung der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit in die Entscheidungen zur Innengestaltung und Nutzung der "Aula  * Universitätskirche St. Pauli" einbezogen würde.

 

 



Zimmerling, Peter (Hrsg.): Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft - Festschrift zur Wiedereinweihung der Universitätskirche St. Pauli zu Leipzig. Evangelische Verlagsanstalt. 304 Seiten mit zahlreichen Abbildungen. Leipzig 2017. ISBN: 978-3-374-04034-6 


Anlässlich der Wiedereinweihung der Universitätskirche St. Pauli in Leipzig erscheint diese reich bebilderte Festschrift. Mit dem neuen Raum, der zugleich als Aula und Kirche genutzt wird, erhält die Universität ihr geistig-geistliches Zentrum zurück. Es eröffnet die Chance, »Tradition und Moderne in Freiheit zusammenzubringen« (Ministerpräsident Stanislaw Tillich im Grußwort).

Eine Reihe von Beiträgen erinnert an die 1968 gesprengte alte Universitätskirche mit ihren Gottesdiensten, ihrer Musik und ihren Kunstwerken. Der zweite Teil der Festschrift dokumentiert den Zeitraum unmittelbar vor der Sprengung bis zur Errichtung des Neubaus. Im dritten Teil stehen die Chancen des Neubaus im Fokus. Wie wird das zusammengehen: Aula als Kirche und Kirche als Aula? Der neue Raum eröffnet den Universitätsgottesdiensten ungeahnte Möglichkeiten. Durch die beiden Orgeln entsteht ein neues Zentrum der Musik. Aula/Universitätskirche St. Pauli werden den Dialog zwischen Wissenschaft und Glauben voranbringen.

Mit Beiträgen von Ministerpräsident Stanislaw Tillich, Rektorin Beate Schücking, Landesbischof Carsten Rentzing, Oberbürgermeister Burkhard Jung, Matthias Schwarz, Rüdiger Lux, Hartmut Mai, Christian Winter, Heinrich Magirius, Stefan Welzk, Nikolaus Krause, Martin Petzoldt, Wolfgang Ratzmann, Matthias Petzoldt, Erick van Egeraat, Ulrich Stötzner, Rudolf Hiller von Gaertringen, Horst Hodick, Christoph Krummacher; Daniel Beilschmidt, Reinhard Schmidt-Rost, Alexander Deeg, Peter Zimmerling u.a.

Die Kosten für Produktion und Druck dieser Festschrift sind in maßgeblichem Umfang von der Stiftung übernommen worden. Wir sind Dr. Christian Olearius und Roger Wolf dankbar für ihre großzügigen Zuwendungen.




Weitere Literatur:


Martin Helmstedt und Ulricht Stötzner (hrsg. vom Paulinerverein e.V. Leipzig): Vernichtet, vergraben, neu erstanden: Die Universitätskirche St. Pauli zu Leipzig. Evangelische Verlagsanstalt. 248 Seiten. Leipzig 2015. ISBN: 978-3-374-04040-7
 
Rüdiger Lux und Martin Petzoldt (Hrsg.): Vernichtet, vertrieben - aber nicht ausgelöscht; Gedenken an die Sprengung der Universitätskirche St. Pauli zu Leipzig nach 40 Jahren. Edition Kirchhof & Franke, Wissenschaft Regionalgeschichte 3. 128 Seiten. Berlin und Leipzig 2008. ISBN: 978-3-933816-39-9


Dietrich Koch / Eckhard Koch: Kulturkampf in Leipzig. Denkschrift zur Wiederaufbaudebatte Universitätskirche St. Pauli. 172 Seiten. Leipzig 2006. ISBN 3-931801-20-9


Frank Zöllner (Hrsg.): Speicher der Erinnerung. Die mittelalterlichen Ausstattungsstücke der Leipziger Universitätskirche St. Pauli. (= Beiträge zur Leipziger Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte, Reihe B, Bd. 8). Leipzig 2005. ISBN 3-374-02328-2


Christian Winter: Gewalt gegen Geschichte. Der Weg zur Sprengung der Universitätskirche Leipzig. (= Arbeiten zur Kirche- und Theologiegeschichte. 2) Leipzig 1998. ISBN 3-374-01692-8


Landesamt für Denkmalpflege Sachsen (Hrsg.): Stadt Leipzig - Die Sakralbauten. Bd. 1. Bearbeitet von Heinrich Magirius. (= Die Bau- und Kunstdenkmäler von Sachsen. 1). München u.a. 1995 ISBN 3-422-00568-4


Katrin Löffler: Die Zerstörung. Dokumente und Erinnerungen zum Fall der Universitätskirche Leipzig. Leipzig 1993. ISBN 3-7462-1068-2


Elisabeth Hütter: Die Pauliner-Universitätskirche zu Leipzig. Geschichte und Bedeutung. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Sachsen und der Universität Leipzig. Weimar 1993. ISBN 3-7400-0916-0 (als Dissertation bereits 1961 in Leipzig angenommen)


Paulinerverein, MDR, Bild-Zeitung Leipzig, Verlag Kunst und Touristik Leipzig (Hrsg.): Universitätskirche Leipzig - Ein Streitfall?. Leipzig 1992. ISBN 3-928802-23-2